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2004/05 THOMAS NEUMANNIconIconIconIconIcon


Pictures from Utopia

10 Motive, Pigmentdruck auf Hahnen-Mühlen-Papier, zwischen 109 cm x 146,4 cm bis zu 158 cm x 109 cm

2003, Kunstakademie Düsseldorf / Professor Thomas Ruff

 

Seit einiger Zeit beschäftigt sich Thomas Neumann mit dem Projekt "Pictures from Utopia", in das sich die 2003 entstandene Bildserie zu Eisenhüttenstadt einfügt. Der in dem Titel angedeutete Themenbereich gibt auch die Leseweise der Arbeiten zu Eisenhüttenstadt vor.

Als erste sozialistische Stadt Deutschlands wurde sie am Anfang der 1950er Jahre unter dem Gesichtspunkt einer sozialistischen Gesellschaft in vier Wohnkomplexen für 20 000 Menschen am Reisbrett geplant, realisiert und dergestalt auch in später folgenden Publikationen abgebildet.

Die in einschlägigen Büchern der 1950er und 1960er Jahre zu findenden Stadtmotive Eisenhüttenstadts, die sich der Künstler aneignet und zu seinem Ausgangsmaterial werden lässt, verwenden eine Sprache der Fotografie, die sich eines utopischen Gedankens bedient. Sie verdeutlicht die Vorstellung der Einflussnahme architektonischer Gestaltung auf die Formung der Gesellschaft.

Indem der Künstler dieses Material adaptiert, zitiert er bewusst auch jenen Code der Fotografie. Allerdings übernimmt er ihn nicht eins zu eins, sondern verändert ihn durch weitere eingefärbte Ebenen. Diese nehmen einzelne Elemente des Ausgangsbildes auf, wiederholen, vergrößern, verzerren oder spiegeln diese, so dass die Bilder mit sich selbst konfrontiert und gleichzeitig hinterfragt werden.

Bei dem Interieurmotiv mit Computer und Forschern, das durch eine helle und klare Oberlichtdecke die Idee des Fortschritts sowie der Offenheit evoziert, assoziiert die über die Menschen gelegten Wiederaufnahme der Rasterstruktur des Oberlichts genau die entgegengesetzte Vorstellung des Eingeschlossenseins sowie der Begrenztheit.

Auf einer weiteren Arbeit der Serie ist ein ebenfalls Fortschritt suggerierendes Hochhaus zu sehen, das auf der Außenfassade den Schriftzug "Foto" trägt. Dieser ist auf dem Bild allerdings spiegelverkehrt abgebildet, während die sich zart darüberliegende verdoppelte Ebene jenen Schriftzug jetzt "richtig" abbildet. Überspitzt könnte man dies auch als eine Metapher für die verwirklichte sozialistische Idee lesen, da das konkret erscheinende Bauwerk den "falschen" Schriftzug trägt, während die nur aufscheinende, nicht materialisierte Idee oder Utopie die Schrift "richtig herum" lesen lässt.

Deutlich wird an Thomas Neumanns Arbeiten, dass die Ausgangsebene und ihre Verdoppelungen in ein komplexes Wechselspiel der Konnotationen eintreten, in dem der Betrachter sich nicht auf einen gesicherten Boden zurückziehen kann.

(Textauszug eines Beitrages von Stefanie Kreuzer und Valeria Liebermann, 2003)